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Kind am Brunnen spielt mit Wasserstrahl
Foto: Amt für Natur und Umwelt Graubünden

Die Durchschnittstemperaturen nehmen derzeit in rasantem Tempo zu – nur zwei Jahre nach dem bis dahin wärmsten Jahr seit Messbeginn wurden die Rekordtemperaturen egalisiert.

Heisse Sommer, milde Winter – die vergangene Dekade (2011–2020) war in der Schweiz mit Abstand die wärmste seit Messbeginn 1864. Die Temperaturen lagen beachtliche 0.7 °C über dem Durchschnitt der vorhergehenden Dekade, die ihrerseits bereits die wärmste seit Messbeginn war.

Milder Winter, starke Niederschläge im August und Oktober

Das Jahr 2020 bestätigte den Temperaturtrend der letzten Jahrzehnte: Trotz der nur moderaten Hitzeperioden im Sommer ging es zusammen mit 2018 als wärmstes Jahr seit Messbeginn in die Wettergeschichte ein. In insgesamt zehn von zwölf Monaten lagen die Temperaturen über der Norm von 1981–2010. Das Jahr startete bereits mit aussergewöhnlich hohen Temperaturen. Der Januar war in Berglagen der drittwärmste seit Messbeginn. Am 3. Februar wurden in Grono mit 23.9 °C und in San Bernardino mit 13.5 °C Rekordtemperaturen für den Monat Februar verzeichnet. Auf den mildesten Winter seit Messbeginn folgte der drittwärmste Frühling. Die Schönwetterlage im Frühling brachte entsprechend wenig Niederschlag und führte von Mitte März bis gegen Ende April zu einer anhaltenden Trockenheitsperiode.

Der Sommer zeigte sich im Gegensatz zum warmen Winter und trockenen Frühling eher gemässigt, wenn auch leicht über dem Durchschnitt der Norm 1981–2010. Entsprechend fielen die Hitzewellen verglichen mit den letzten 20 Jahren moderat aus. Das Sommerende zeigte sich auf der Alpensüdseite aussergewöhnlich nass, mit massiven Starkniederschlägen, die beispielsweise in Cevio (TI) Tagessummen von bis zu 224.5 mm erreichten. Solch hohe Niederschlagssummen kamen an diesem Standort, der in einem sehr häufig von Starkniederschlägen betroffenen Gebiet liegt, das letzte Mal im legendären Unwetterjahr 1987 vor. Auch Nord- und Mittelbünden wurde von starken Niederschlägen heimgesucht, die in dieser Intensität in weiten Teilen der Region etwas mehr als alle 10 Jahre vorkommen. Wie im Sommer lagen auch die Temperaturen im Herbst leicht über dem Durchschnitt. Zu verdanken war dies dem warmen Wetter in den Monaten September und November, denn die Herbstmitte zeigte sich ungewöhnlich kalt und nass. In Sedrun erreichten die Niederschlagsmengen gar Rekordwerte. Die Starkniederschläge im Oktober sowie auch die intensiven Niederschläge im August folgen dem gegenwärtigen Trend zu immer mehr Starkniederschlagsereignissen.

Wir müssen uns langfristig auf extremeres Wetter einstellen

Extremes Wetter macht in den letzten Jahren immer häufiger Schlagzeilen. Man denke an die extreme Trockenperiode in Australien 2019, die als stärkste Dürre in die Geschichte der Insel einging, oder an die besonders langen und intensiven Hitzewellen in Regionen der gemässigten Klimazone. Auch Graubünden wurde davon nicht verschont. So wurde im Sommer 2003 in Grono mit einer Tageshöchsttemperatur von 40.5 °C*ein neuer Hitzerekord für die Schweiz aufgestellt. Der Sommer zeigt sich nicht nur immer intensiver, sondern auch ausdauernder. In Chur beispielsweise stiegen die Anzahl Sommertage mit Temperaturen über 25 °C von rund 30–35 um 1960 auf heute rund 70. In hohen Lagen war der relative Anstieg noch markanter. So werden heute in Davos durchschnittlich rund 13 Sommertage verzeichnet, während um 1960 jeweils nur wenig bis gar keine solch warmen Tage auftraten.

Das Wetter der letzten zwei Jahrzehnte macht uns deutlich, dass sich das Klima in der Schweiz und in Graubünden zurzeit in einem rasanten Tempo verändert. Nebst den höheren Temperaturen wird der Klimawandel auch Änderungen bezüglich Dauer und Intensität von Wetterereignissen bringen. Die bereits erwähnte Zunahme von Starkniederschlägen ist schon heute sichtbar. Langfristig wird das Klima der Schweiz zunehmend mediterranen Charakter annehmen. Nasse, milde Winter sowie trockene, heisse Sommer werden häufiger. Die Veränderung des Sommerklimas wird neben mehr Hitzetagen auch zu einer Zunahme von Dürreperioden führen. Das Jahr 2020 zeigt wie schon so viele Vorgängerjahre der letzten zwei Jahrzehnte: «Normales Wetter» ist zur Seltenheit geworden, das Aussergewöhnliche wird zur neuen Norm.

*Gemessen wurde eine Temperatur von 41.5 °C. Der Standort an einem felsigen Südhang wäre heute jedoch nicht mehr ein zulässiger Messstandort. Deshalb wurde der Wert den heutigen Messbedingungen angepasst, unter denen ein Wert von 40.5 °C erreicht worden wäre.